Bordeaux ganz leicht – Das große Grillen
Food
August 15, 2017

Bordeaux ganz leicht – Das große Grillen

Da ist er ja doch noch, der Sommer und schon strömen sie wieder in die Gärten, insbesondere die Herren der Schöpfung glauben ja immer noch, Grillen sei Kochen!

Mit dem ersten Sonnenstrahl eilen sie hinaus, zu tun was in ihrer DNA fest verankert und programmiert ist: Feuer machen! Fleisch grillen! Begleitet werden sie dabei von einer Flasche Bier, beides verschwindet allermeist schnell hinter dichtem Rauch, andere Männer eilen von Nah und Fern herbei, um Ratschläge zu erteilen. Schön, wenn man da ein Plätzchen auf der sonnigen Terrasse erwischt hat und der Wind nicht allzu ungünstig steht. Ein Glas kühlen Entre-Deux-Mer-Wein in der Hand, ist Zeit, dem Schauspiel entspannt beizuwohnen. Zur Not wären ja auch noch Salat und Baguette mit Kräuterbutter im Haus.

Der richtige Grill

Richtig Grillen beginnt allerdings schon viel früher und mit der Wahl des richtigen Grills. Das ist eine sehr individuelle Angelegenheit, was will ich von meinem Grill, soll er auch Pizza backen können, möchte ich nächtelang große Bratenstücke bei Niedrigtemperatur räuchern – solche Fragen. Auch die Entscheidung ob Gas oder Kohle bietet häuslichen Diskussionsstoff. Meine Erfahrung: ganz wichtig ist die Grillfläche, wähle immer grundsätzlich den größeren Grill, es könnten Freunde kommen und Drängelei auf dem Rost ist nicht gut, zudem bieten die Ränder größerer Grillroste die Möglichkeit kühlere Ruhezonen für Fleisch, oder zum indirekten Grillen einzuplanen. Unerlässlich für die Regulierung der Hitze und
 ein gutes Grillergebnis sind eine Belüftungsregulierung und ein Grill mit Deckel. Der Deckel sorgt für eine backofenähnliche „Rundumhitze“
 und gewährleistet das schonende Garen auch von größeren Fleischstücken. Lüftungsschieber dienen der Hitzeregulierung: Geöffnete Lüftungsschlitze lassen die Kohle glühen. Je weiter die Schlitze geschlossen sind, desto weniger Sauerstoff „befeuert“ die Kohle.

Kohle oder Briketts? Oder gibt es Alternativen?

Viel zu wenig Aufmerksamkeit schenken die allermeisten Griller dem Brennstoff! Da gibt es große Unterschiede! Holzkohle brennt schneller. In ca. 25 Minuten ist sie durchgeglüht und gibt dann, eine sehr knappe Stunde lang, starke Hitze ab. Das reicht in der Regel für zwei Grillrunden und ist geeignet für kleinteilige Grillspieße, Hamburger und Würstchen, Lammkoteletts und Steaks, Fischfilets und Gemüse.

Briketts brauchen 45–50 Minuten, um grillfertig durchzuglühen, dann aber kann weit über 2 Stunden gegrillt werden. Briketts werden nicht
so heiß wie Holzkohle, brennen dafür aber schön gleichmäßig – ideale Voraussetzungen für das lange und sanfte Grillen von großen Fleischstücke wie ein Tomahawk-Steak oder halbe Hähnchen vom Grill.

Ein wichtiger Punkt ist: die Qualität von Kohlen und Briketts. Wer allzu günstig kauft, läuft Gefahr minderwertigen, kleinteiligen Bruch und dementsprechend kurz- und unregelmäßig brennende Kohle zu bekommen. Minderwertige Briketts können zudem Kleber-Stoffe enthalten.

Der größte Teil der Holzkohle in Deutschland ist importiert. Dabei kommt auch Kohle aus Tropenwald-Abholzungen in den Handel. Beim Kauf von Kohle mit FSC-Siegel kann man sicher sein, dass die Hölzer für die Herstellung aus nachhaltiger Waldwirtschaft stammen. Eine echte Alternative ist Kohle aus Kokosnussschalen, für die keine Bäume gerodet werden müssen. Kokosnusskohle brennt zudem heißer und länger als herkömmliche Kohle und es bleiben nur 2–4 % Restasche!

Anzünden!

Finger weg von Brennspiritus und Brennpasten. Bei unsachgemäßer Verwendung kann es zu Verpuffungen, Stichflammen und Bränden kommen. Besser geeignet sind biologische Zündhilfen und Grillanzünder aus gepressten Holzfasern. Ein Anzündkamin beschleunigt das Anzünden und Durchglühen der Kohle erheblich – wenn man es denn auch an so einem schönen Tag eilig hat.

Ist der Wein auch richtig kalt?

Für die Bordeaux-Grillparty habe ich drei leichte, feine und frische Bordeauxweine ausgesucht. Die Rezepte dazu stammen aus meinem Buch „Open Air – das Festival und Camping-Kochbuch“ (Christian Brandstätter Verlag, 2016) jedem Rezept habe ich exemplarisch besonders gut harmonierende Bordeaux-Weine zugeordnet und erkläre auch, zu welchen anderen Grillgerichten Weine dieser Prägung passen können. Grundsätzlich empfehlen sich zum Grillen leichte Sommerweine, mineralisch-frisch, oder fruchtig-leicht, gerne Weißweine oder Rosé Weine, zum Fleisch darf es dann  gerne auch ein Glas Rotwein sein – wichtig ist, dass die Weine an heißen Sommertagen über Gebühr gut gekühlt werden, auf der Terrasse und im Glas erwärmen sie schneller als man mit Genuss trinken kann. Bei Weißweinen und Rosé Weinen wäre das Ideal 10-12 Grad und auch der Rote darf im Sommer stärker gekühlt werden, wie ich in diesem Beitrag über das richtige Kühlen von Rotweinen erkläre. Eine Serviertemperatur von 16 bis 18 Grad ist ein Richtwert für Rotwein, im Sommer dürfen es gerne auch bis zu 14 Grad sein.

Dankend abzulehnen sind Eiswürfel im Wein und auch Wein-Sprudelwasser-Mischungen sind eine Unsitte – eine Weinschorle mag erfrischen, ist immer auch ein grober Pfusch an der guten Arbeit des Winzers. Viel besser: wenig, wirklich kühlen Wein im Glas genießen, öfter vom gekühlten Wein Nachschenken und dabei aber zwischen jedem Glas Wein, das von besorgten Müttern immer schon propagierte große Glas Wasser zwischendurch trinken.  So jetzt aber mal los!

Elegant! Französischer Brotsalat

Ein echter Allrounder zum Grillfest ist mein französischer Brotsalat, er schmeckt wirklich allen, ist frisch und sättigt angenehm, eine gute Grundlage mit Baguette-Würfeln, sonnenwarmen Tomaten, Oliven, Kapern, knackigen Perlzwiebeln, scharfem Dijon-Senf, Salat und Kräutern.

(für 4-6 Personen)

2 Mini-Salatgurken halbieren und in dickere Halbkreise schneiden. Salzen und zur Seite stellen. 4 rote Tomaten grob würfeln und 100 g gelbe Kirschtomaten halbieren oder vierteln. Einige Kapernäpfel vom Stil schneiden und halbieren. 1 EL Perlzwiebeln und 1 EL grüne Oliven abtropfen. ½ Baguette fein würfeln. Salat zupfen, waschen und trocken schleudern. 1 Schalotte und 1 junge Knoblauch pellen, halbieren, fein würfeln und mit je
1 EL Perlzwiebeln- und Kapernäpfel-Sud verrühren. 4 EL Weißweinessig und 6-8 EL Olivenöl zugeben und unterrühren. Vinaigrette mit etwas Zucker, 1-2 TL Dijon-Senf, Salz und Pfeffer würzen. Einige Basilikumblätter fein zupfen und alle Zutaten miteinander mischen. Mit der Vinaigrette marinieren, eventuell nochmals mit Salz, Pfeffer und Essig abschmecken.

Der Wein dazu

Château La Coudraie 2015, Vignobles Jolivet

Als säße man im Hochsommer in einem französischen Garten: zu den mediterranen Würzungen des Salates mit Oliven und Basilikum liefert der samtige, hellgelbe Château La Coudraie von Catherine und Jean-Marc Jolivet den Duft von Sommerblüten und Zitrone, im Mund Aromen von reifem Pfirsich, ein Cuvée aus Muscadelle, Sauvignon Blanc und Sémillion Trauben, die feine Säure ist eher subtil, der Wein weich und rund, er kann gut mit der Weißweinessig-Vinaigrette, der Süße der Tomaten, der Würze der Kapernäpfel. Ein Wein, der sicher auf jeder Grillparty eine große Fangemeinde findet, er ist gefällig, dabei frisch und lebendig, ohne zu beschweren.

Weine dieser Art passen auch zu

Gerilltem Geflügel, Fisch und Jakobsmuscheln, gegrillten Garnelen und frischen Austern, zu gegrillten Maiskolben

Das Meisterstück: Entrecôte-Hochrippe für alle (Tomahawk-Steak)

Das Tomahawk-Steak ist eigentlich ein Rib-Eye-Steak, eine Entrecôte-Hochrippe mit extralangem Knochen, und das gute Stück wiegt ungefähr 1 kg. Es sollte immer im Ganzen gebraten und dann als Höhepunkt eines Grillfestes für 4–6 Personen aufgeschnitten werden. Wenn zuvor schon reichlich gegrillt und „Salate satt“ serviert wurden, macht man mit den saftigen Fleischstreifen auch 6–8 Personen glücklich.

Das Fleisch sollte nicht direkt aus dem Kühlschrank heraus gegrillt werden, sondern vorab etwas auf Temperatur kommen. Ein so großes Stück Fleisch braucht dafür länger, als man meinen könnte. Bis die vielzitierte „Raumtemperatur“ von 18–20 Grad erreicht ist, vergehen oft Stunden. Das gekühlte Fleisch kalt abspülen, mit Küchentuch trocken tupfen und für 3–4 Stunden zugedeckt (!) Temperatur nehmen lassen.  

Die Kohle sollte gleichmäßig durchgeglüht und rot glimmend von einer dünnen Ascheschicht überzogen sein. Das Fleisch dünn mit 3 EL Olivenöl einreiben und auf den Grillrost legen. Deckel aufsetzen und das Fleisch bei geöffneter Luftzufuhr 5 Minuten zugedeckt grillen. Fleisch wenden und nochmals 8Minuten grillen. Die Luftzufuhr schließen, Fleisch wenden und weitere 5 Minuten zugedeckt grillen, dann nochmals wenden. Etwas Rosmarin, Thymianund zerdrückten Knoblauchaufs Fleisch geben und weitere 5 Minuten zugedeckt grillen. Mit grobem Salz oder Fleur du Selwürzen. 1 EL Butter aufs Fleisch streichen, das Steak auf einem Holzbrett zugedeckt 5 Minuten ruhen lassen. Kräuter und Knoblauch entfernen, Fleisch in dicke Scheiben schneiden, großzügig mit gutem Olivenöl beträufeln, mit Salz nach Geschmack würzen, mit Piment D’Espelette oder schwarzem Pfeffer aus der Mühle leicht schärfen und vom Brett genießen.

Der Wein dazu

Château De Genibon 2014, Côtes de Bourg

50 % samtiger Merlot und ein Rückgrat von je 15 % Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc, dazu 20 % Malbec – da macht man nix falsch, zumal in Keller und Weinberg beste Arbeit geleistet wurde. Der Château De Genibon 2014 darf sich drum auch mit allerlei Medaillen schmücken, u.a. die Goldmedaille beim Concours de Bordeaux Vins d’Aquitaine-Wettbewerb 2016. Das soll uns aber nicht ablenken, denn jeder ist ja sein eigener Weinwettbewerb. Dunkelrot funkelnd liegt er im Glas, in der Nase komplex, schwarze Beeren ein eleganter Hauch von Holz, im Mund füllig würzig, konzentriert – ohne zu erschlagen, der Wein hat auch eine schöne Frische, gerade wenn er gut gekühlt ist, kommen da Sauerkirschen, eine vitale Säure, mundwässernde Tannine – der Wein hat Charakter, bleibt dabei aber elegant und zugänglich. Das ist dem großen Steak ebenbürtig, das wir gerillt haben.

Weine dieser Art passen auch zu

Gerilltem Rindfleisch, zu Lamm, zu gerilltem Käse, zu provençalisch gewürztem Grillgemüse, zu geröstetem Brot mit Pesto, zur Pizza vom Grillstein

Da werden sogar Fleischfreunde neidisch: Halloumi-Sticks mit Minze und Zitrone

(für 4-6 Personen)

400 g Halloumi-Bratkäse in dicke Streifen schneiden und diese auf Holzspieße ziehen. Je 1 Thymian- und 1 Rosmarinzweig fein hacken und mit 6 EL Olivenöl, 1⁄2 TL getrocknetem Oregano, 1 TL Paprikapulver, edelsüß, und Chiliflocken nach Geschmack ein Würzöl anrühren. Spieße damit bestreichen und bei mittlerer bis kräftiger Gluthitze unter gelegentlichem Drehen 3–5 Minuten grillen. Mit Zitronenschnitzen und einer handvoll gezupfter, frischer Minze servieren.

Der Wein dazu

Château du Plantier Récolte 2016, Entre-Deux-Mers

Hier kommt das Fleisch zum Halloumi-Spieß, ein frischer Wein mit lebendiger Säure, das funktioniert schon mal prima mit und zum gegrillten Käse. In der Nase kitzeln Stachelbeeren, Zitrusfrüchte vor allem aber kräutrige Noten, und am Gaumen dann auch dieser, für einen Entre-Deux-Mers typischen, Hauch Salz. Zu den Provençe-Kräutern des Gerichts, zur Minze und zur Zitrone, zum gegrillten Käse – erste Wahl! 

Weine dieser Art passen auch zu

Gerilltem Geflügel, gegrilltem Käse jeder Art, zu Fetakäse-Gemüsepäckchen, zu gerilltem Gemüsen, zu fettem Fisch wie Lachs oder Sardinen oder Lachsforelle (mit Haut im Ganzen gegrillt) – aber auch zu gegrilltem, durchwachsenem Bauchfleisch, zu Lammkoteletts, zu fetter Bratwurst.

Nach dem Fest

Nach dem Grillen das verbliebene Asche-Kohle-Gemisch unter Beobachtung komplett erkalten lassen und sicherheitshalber erst nach 12 Stunden im Restmüll entsorgen. Bei Grills mit Deckel und Belüftungsregulierung lässt sich die glimmende Rest-Kohle im geschlossenen System ersticken.

Santél! Das wird unser Sommer!

 Von: Stevan Paul 

1969 geboren, verbrachte Kindheit und Jugend am Bodensee, seit über zwanzig Jahren lebt er nun schon in Hamburg. Der gelernte Koch ist Autor zahlreicher Kochbuchbestseller, schreibt als freier Journalist kulinarische Texte und Reisereportagen für Zeitschriften und Magazine, ist Radiokolumnist. Auf www.nutriculinary.com betreibt Stevan Paul eines der meistgelesenen Genuss-Blogs im deutschsprachigen Raum

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